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Klimasünder Verkehr auf Klimakurs bringen

Mai 16, 2017

Seit 1990 sind die Treibhausgas-Emissionen im Verkehr um 60 Prozent gestiegen. Der Verkehr ist somit Österreichs größtes Sorgenkind beim Klimaschutz. Während in anderen Sektoren die klimaschädlichen Emissionen verringert werden konnten, stiegen sie beim Verkehr massiv an, wie eine aktuelle VCÖ-Publikation zeigt.

Österreich leidet unter Lkw-Lawinen

Der Lkw-Verkehr verursacht heute mehr als doppelt so viele Treibhausgase wie noch im Jahr 1990. „Die rechte Fahrspur auf der Autobahn ist zur rollenden Lagerhalle geworden. Viel mehr Güter müssen auf die Schiene. Und anstatt Produkte tausende Kilometer quer durch Europa zu fahren, ist die regionale Versorgung zu stärken. Das schont das Klima und schafft Arbeitsplätze“, stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen fest.

Personenmobilität kommt vom Kurs ab

Viele Entwicklungen laufen in die verkehrte Richtung. Die Autos werden immer schwerer, haben mehr PS, aber gleichzeitig fahren immer weniger Insassen mit. Im Jahr 1990 fuhren im Schnitt mit 100 Autos 140 Personen, heute sitzen in 100 Autos nur mehr 115 Personen, verdeutlicht der VCÖ.

Meist sitzt nur die lenkende Person im Auto. Staus in den Stadteinfahrten sind die Folge. Auch die Autoindustrie tut zuwenig für den Klimaschutz. Zwar sinkt seit rund zehn Jahren der Spritverbrauch aber leider nur am Papier. Heute verbrauchen neue Pkw beim Fahren auf der Straßen 35 bis 40 Prozent mehr Sprit als die Herstellerangaben versprechen. Vor 15 Jahren betrug der Unterschied nur sieben Prozent. Dieser Mehrverbrauch der Autos schadet der Umwelt enorm und kostet die Autofahrer viele hunderte Euro im Jahr.

Weite Distanzen erhöhen Verkehrsaufkommen

Auch die Zersiedelung und der Niedergang der Nahversorgung durch die Einkaufszentren außerhalb des Ortes erschweren das Erreichen des Klimaziels. Heute müssen die Österreicherinnen und Österreicher deutlich mehr Kilometer zurücklegen, um ihre Erledigungen im Alltag machen zu können. Dabei würde eine gute Nahversorgung und auch mehr Wohnraum im Ort das Zusammenleben in der Gemeinde wieder erhöhen. Und Nahversorger sichern Arbeitsplätze in der Region und sind wichtig für unsere Bauern.

 

Österreicher und Österreicherinnen möchten klimafreundlicher mobil sein

Mehr Öffis und Räder ermöglichen Umstieg

Aber es gibt Hoffnung, dass Österreich beim Verkehr vom Saulus zum Paulus wird. Denn eines hat sich in den letzten Jahren gezeigt: Dort, wo das Angebot an Öffentlichem Verkehr verbessert wird, steigen die Österreicherinnen und Österreicher gerne um. In den vergangenen zehn Jahren sind die mit der Bahn gefahrenen Kilometer um mehr als ein Drittel gestiegen, macht der VCÖ aufmerksam.  Pro Person werden in Österreich bereits mehr als 1.400 Kilometer pro Jahr mit der Bahn gefahren. Damit sind wir Österreicher die fleißigsten Bahnfahrer in der EU. In Wien sind die Öffis bereits seit rund zehn Jahren das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel. Die Wienerinnen und Wiener legen bereits 39 Prozent ihrer Alltagswege mit Öffis zurück, mit dem Auto nur mehr 27 Prozent. Wien ist die einzige Hauptstadt Europas, wo es mehr Öffi-Jahreskarten als Autos gibt.

Und die Österreicherinnen und Österreicher treten immer fleißiger in die Pedale. Die mit dem Fahrrad für Alltagserledigungen gefahrenen Kilometer haben sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Österreichs fleißigste Radfahrerinnen und Radfahrer sind die Vorarlberger.

E-Mobilität in Österreich auf dem Vormarsch

Auch bei den E-Autos ist Österreich im europäischen Spitzenfeld. Im Vorjahr war Österreich bei den Neuzulassungen von E-Autos sogar Europameister mit dem höchsten Anteil neuer E-Autos, wie eine Analyse des VCÖ zeigt. Mittlerweile gibt es in Österreich bereits mehr als 10.000 E-Autos. „E-Autos haben eine deutlich bessere Umweltbilanz. Das wichtige ist, dass der Strom aus erneuerbarer Energie kommt“, betont VCÖ-Expertin Rasmussen. Zudem verursachen E-Autos beim Fahren keine giftigen Abgase. Und: Während wir Erdöl aus Krisenregionen teuer importieren müssen, kann Österreich den Strom selber herstellen. Sogar der einzelne kann, etwa mit einer Photovoltaik-Anlage am Hausdach, die Energie für das Autofahren selber produzieren. Die häufigsten Bedenken gegen E-Autos: Die Reichweite. „Aber 95 Prozent der alltäglichen Autofahrten in Österreich sind kürzer als 50 Kilometer“, klärt VCÖ-Expertin Rasmussen auf. Diese Distanzen schaffen E-Autos locker, etliche Modellen haben bereits eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern.

Der „Star“ unter den Elektro-Fahrzeugen ist in Österreich übrigens das Elektro-Fahrrad. Mehr als 350.000 E-Fahrräder gibt es bereits in Österreich – das mit Abstand am häufigsten gekaufte E-Fahrzeug. Damit können auch Distanzen von 10 oder 15 Kilometer ohne Schweißperlen mit dem Rad gefahren werden. Das Potenzial für E-Fahrräder in Österreich ist groß: Zwei Drittel unserer Alltagwege sind kürzer als zehn Kilometer. Ein E-Fahrrad kann ein teures Zweitauto ersetzen. Was es braucht:  Ein dichtes Netz an ausreichend breiten Radwegen. Der Bau von Radwegen schafft übrigens pro 100 Millionen Euro doppelt so viele Arbeitsplätze wie der Autobahnbau. „Nutzen wir klimafreundliche Mobilität als Jobmotor. Österreich hat die große Chance Europas Kompetenzzentrum für umweltfreundliche Mobilität zu werden“, zeigt VCÖ-Expertin Rasmussen die Chancen für Österreich auf.

Gastbeitrag von Christian Gratzer, VCÖ
Hier geht’s zum VCÖ: www.vcoe.at