Fakten Klimawandel
2°C sind zuviel – Der Klimawandel verändert unsere Lebenswelt
Wir Menschen tragen über den Ausstoß von Treibhausgasen zu einer rasanten Erderwärmung bei. Schon heute, bei im Schnitt knapp 1°C Erwärmung weltweit, sind die Auswirkungen deutlich spürbar. In Österreich ist die Temperatur seit 1880 sogar um nahezu 2°C gestiegen. Von den Folgen des Klimawandels sind praktisch alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche betroffen, insbesondere Gesundheit, Forst- und Landwirtschaft sowie Tourismus.
Am 4. November 2016 ist das Pariser Klimaschutzabkommen in Kraft getreten. Somit gibt es erstmals einen weltweit verbindlichen Klimavertrag. Kern des Abkommens ist es, den weltweiten Temperaturanstieg auf deutlich unter 2°C zu begrenzen, und Anstrengungen zu unternehmen, 1,5°C nicht zu übersteigen.
Die maximal zulässige CO2-Menge, um die Erderwärmung unter 2°C zu halten, das sogenannte „CO2-Budget“, werden wir bei einer Fortschreibung des derzeitigen Ausstoßes bereits in etwa 16 bis 20 Jahren erreichen. Dann ist der „Puffer“ der Atmosphäre voll.
CO2-Anstieg in der Atmosphäre führt zu globaler Erwärmung
- 316 ppm
- 338 ppm
- 369 ppm
- 402 ppm
1960 1980 2000 2016
Quelle: Nasa 2017
- 0,01 °C
- 0,24 °C
- 0,47 °C
- 0,95 °C
1960 1980 2000 2016
Fossile Energieträger befeuern den Klimawandel
Fossile Energieträger sind das Blut in den Adern unseres Wirtschaftssystems. Sie sind maßgeblich für den Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich. Nehmen wir die Ziele des Weltklimaschutzvertrags ernst, bedeutet das den kompletten Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis Mitte dieses Jahrhunderts. Innerhalb nur einer Generation müssen wir alle Wirtschafts- und Lebensbereiche „dekarbonisieren“: von Verkehr und Wohnen über die industrielle Produktion bis hin zur Landwirtschaft.
Die Realität sieht dunkel aus
Die aktuell vorliegenden Pläne der globalen Staatengemeinschaft reichen laut UNO nicht aus, um die Erderwärmung in einem sicheren Bereich zu halten.
Selbst wenn sie vollständig umgesetzt würden, ginge das mit einem Anstieg der mittleren globalen Temperatur zwischen 2,9°C und 3,4°C bis Ende des Jahrhunderts einher.
%
66% der in Österreich verbrauchten Energie stammen von fossilen Energieträgern.
Quelle: Statistik Austria 2016
Österreich hinkt Klimazielen hinterher
Im Vergleich zum gesamten EU-Raum, wo seit den 1990-er Jahren die Emissionen im Durchschnitt um ein Viertel reduziert wurden, sind in Österreich die Treibhausgasemissionen in etwa gleich geblieben. Auch ist unser Land nach wie vor zu 66 Prozent von fossilen Energieimporten abhängig. Das ist deutlich mehr als der EU-Schnitt. Energieimporte – in erster Linie Öl und Gas – kosten uns jährlich mehr als 10 Milliarden Euro. Das ist noch nicht alles: Zusätzlich zu den im Inland verursachten Emissionen kommen noch einmal 50 Prozent dazu. Das sind Treibhausgase, die wir über Konsumgüter „importieren“.
Österreich hat sich bisher für den Klima- und Energiebereich lediglich Minderungsziele bis 2020 gesetzt. Diese Ziele sind nicht gerade ambitioniert wenn man bedenkt, dass sie nicht am „Zielpfad“ für 2°C liegen, sondern darüber. Eine langfristige Betrachtung fehlt.
Derzeit arbeitet die Österreichische Bundesregierung an einer „integrierten Klima- und Energiestrategie“. Diese soll im Juni 2017 mit verschiedenen VertreterInnen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft diskutiert werden. Darüber, wie ambitioniert das Ergebnis ausfallen wird, kann derzeit nur spekuliert werden.
Jenseits der 2°C
Sollte der Klimawandel unsere Erde um mehr als 2°C erwärmen, wird es zunehmend ungemütlich: Das Schmelzen des Grönlandeises und der dadurch verursachte Meeresspiegelanstieg würden weltweit eine Milliarde Menschen direkt betreffen und zumindest alle Menschen indirekt.
Auch kritische „Kipppunkte“ werden dann überschritten. Folglich könnten große Ökosysteme wie der Amazonasregenwald verschwinden und Permafrostböden auftauen. Und das wiederum wirkt sich auf das globale Klima aus.
2°C zerstören Lebensraum
Bereits bei einer globalen Erwärmung von 2°C werden dramatische Folgen für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten erwartet: Ein Anstieg des Meeresspiegels, Artensterben, der Verlust der Korallenriffe, extreme Unwetter und Dürren. Damit verbundene Wasserknappheit, leere Fischgründe oder Ernteausfälle treffen uns Menschen besonders hart.
2°C rauben Lebensgrundlage
Die Folgen des Klimawandels werden die Länder des Südens besonders stark treffen, vor allem Afrika. Immer mehr Menschen werden sich auf den Weg nach Europa machen: Die UNO rechnet bis 2050 mit 250 Millionen Klimaflüchtlingen.
2°C heizen Österreich ein
Während es Anfang des 20. Jahrhunderts in Österreich durchschnittlich zwei Tage mit über 30°C im Jahr gab, werden es bis 2030 voraussichtlich 30 Hitzetage sein. Bis Ende dieses Jahrhunderts werden die Gletscher der Alpen bis auf wenige kleine Schneefelder schmelzen. Österreichs Volkswirtschaft muss bis 2050 mit klimabedingten Schäden von jährlich bis zu 8,8 Milliarden Euro rechnen.
- Landwirtschaft 10%
- Gebäude 10%
- Verkehr 28%
- Energie und Industrie 45%
- Fluorierte Gase und Abfallwirtschaft 7%
THG-Emissionen in Österreich 2015 nach Sektoren
Quelle: Umweltbundesamt 2017
Der Weg in ein „erneuerbares“ Zeitalter
Weitsichtige und mutige Politik gefordert.
Um die Erwärmung zu stoppen, braucht es mehr als ein paar Windräder. Wir müssen in allen Lebensbereichen weg von der vorherrschenden verschwenderischen Einwegmentalität hin zu einer Gesellschaft, die behutsam mit ihren Ressourcen umgeht. Dafür braucht es vor allem eines: geeignete Rahmenbedingungen, die klimafreundliches Handeln fördern und belohnen.
Ernährung
- Umstellung auf eine ausgewogenere Ernährung. Mit mehr als 65 kg pro Person im Jahr sind die ÖsterreicherInnen Weltspitze im Fleischkonsum. Die Formel für die Zukunft lautet: Weniger Fleisch und Milchprodukte, dafür mehr regionales Obst und Gemüse. Das ist nicht nur gesünder, die aus unserer Ernährung stammenden Treibhausgasemissionen könnten damit auch deutlich verringert werden.
- Stärkung der biologischen Landwirtschaft. Biologische Landwirtschaft ist klimafreundlicher als konventionelle. Weniger Dünger und der geringere Tierbesatz vermindern die Klimaeffekte im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft. Um die biologische Landwirtschaft für mehr Bauern und Bäuerinnen attraktiv zu machen braucht es gezielte Förderung. Auch regionale Vertriebsstrukturen müssen forciert werden.
- Verringerung der Lebensmittelverschwendung. Um die Abfälle bereits am Feld zu reduzieren, braucht es zahlreiche Maßnahmen im Handel – von weniger strengen Normen bis hin zu mehr Offenheit der Kunden gegenüber „Sonderlingen“. Das Dogma, dass alles bis Ladenschluss verfügbar sein muss, muss sich genauso ändern wie der Glaube, dass Essen nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum automatisch schlechter wäre. Nicht zuletzt müssen die Weitergabemöglichkeit an karitative Organisationen verbessert werden.
Wohnen
- Förderung nachhaltiger Bauweisen. Die Art und Weise, wie Gebäude errichtet beziehungsweise saniert werden ist insbesondere aufgrund ihrer jahrzehntelangen Emissionswirkung ein wichtiger Baustein zur Erfüllung des Klimaschutzauftrags. Dazu gehören sowohl die Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs als auch der Ersatz fossiler Energie durch erneuerbare Energieträger.
- Umfassende Modernisierung des Gebäudestands. Um den Weg in eine klimafreundliche Gesellschaft zu gehen muss sich im Neubau der Passivhausstandard durchsetzen. Bei der Gebäudesanierung muss die Sanierungsaktivität deutlich gehoben werden. Bei der derzeitigen Geschwindigkeit dauert es 200 Jahre bis alle Gebäude thermisch saniert sind.
- Über die Reduktion des Energiebedarfs hinausgehen. Gebäude sind unsere Kraftwerke der Zukunft. In Österreich wurden bereits erste sogenannte „Plusenergiehäuser“ errichtet, die übers Jahr mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Einer Studie der Universität Delft zufolge könnten in Österreich sieben von neun BürgerInnen zu „EnergiebürgerInnen“ werden. Indem sie Solaranlagen auf Hausdächern installieren, Gemeinschaftsanlagen mit NachbarInnen und FreundInnen gründen und sich finanziell an Windparks in ihrer Umgebung beteiligen könnten sie mehr als die Hälfte des Inlandsstromverbrauchs produzieren.
Fortbewegung
- Stärkung von Ortszentren und Nahversorgung und Stopp der Zersiedelung. Die Verkehrs- und Raumplanung der vergangenen Jahrzehnte hat zwar den Verkehrsaufwand und den Energiebedarf erhöht, nicht aber die Mobilität der Menschen. Infolge von Zersiedelung sind die Wege in die Arbeit und zum Einkaufen deutlich länger geworden. Dreht man diesen Trend durch geeignete Anreize um, so kann der Verkehrsaufwand deutlich verringert werden.
- Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotoren. Verbrennungsmotoren müssen von der Straße verschwinden und durch die deutlich effizienteren Elektromotoren ersetzt werden. Dafür braucht es politische Vorgaben, etwa gezielte Förderungen und ein Verkaufsverbot etwa ab 2025. Davor bedarf es einer schrittweisen Erhöhung der Elektroauto-Quoten für Importeure. Einige Länder haben einen solchen Ausstieg bereits beschlossen.
- Verbesserung des Öffi- und Bahnangebots. Parallel muss das Angebot an günstigen und guten Öffi- und Bahnangeboten deutlich verbessert und erweitert werden. Im Umkreis von etwa 1.000 Kilometer um Wien sollten alle Ballungszentren mit schnellen Bahnverbindungen inklusive Nachtzügen erreichbar sein.
Konsum
- Ankurbeln der Kreislaufwirtschaft. Es braucht ökonomische Anreize zur Realisierung einer echten Kreislaufwirtschaft, in der Ressourcen wiederverwendet werden anstatt neue einzusetzen. Auch erneuerbare Rohstoffe müssen vermehrt Anwendung finden, wobei auch hier eine maßvoller und bedachter Einsatz erforderlich ist.
- 100 % Recycling sind notwendig. Noch immer landet ein erheblicher Teil der von uns benutzten Rohstoffe nach Gebrauch im Müll. Doch sowohl das Deponieren als auch die Verbrennung von Abfall sind Ressourcenverschwendung. Der Restmüll muss in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden. Auch für Recycling-Meister Österreich gibt es hier noch viel zu tun.
- Unterstützung von Langlebigkeit und Reparieren. Antatt große Mengen „Abfall“ zu produzieren und den Umsatz durch schnellen Verschleiss anzukurbeln ist Langlebigkeit gefragt. Das kann etwa durch längere Gewährleistungsfristen in Kombination mit kostengünstigen oder kostenlosen Ersatzteilen erreicht werden. Dafür braucht es steuerliche Anreize, so dass es nicht weiter kostengünstiger ist auf stets neue Ressourcen zu setzen.
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